Musterdetektion innerer Spanndrahtbrüche an Betonoberflächen
Weltweit ist die Infrastruktur, sind insbesondere die Brücken, in die Jahre gekommen. Verschiedenste Schädigungsmechanismen sowie zunehmende Beanspruchungen haben ihnen zugesetzt. Für nachhaltige und wirtschaftliche Lösungen ist eine individuelle Betrachtung des Bauwerks erforderlich, die über Erhalt oder Ersatz entscheidet. Bei Brücken mit spannungsrisskorrosionsgefährdeten Spannstählen verhindert ein fehlendes Ankündigungsversagen („Riss vor Bruch“) oftmals den Erhalt. Ein Monitoring, welches den Anspruch hat, drohendes Versagen rechtzeitig anzukündigen, kann einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt solcher Brücken leisten.
Für diesen Versagensmechanismen – allgemeiner den Spanngliedbruch – ist erforderlich quasi die gesamte Brücke zu überwachen, gleichzeitig müssen aber auch die Spanngliedausfälle zuverlässig von realen Umgebungsbedingungen (z.B. Lärm oder Messtechnikausfall) abgegrenzt werden. Das Sensornetz muss also eine hohe Dichte und Sensitivität aufweisen, um zuverlässig den Zustand des Bauwerks zu erfassen.
Höchste Präzision liefern direkte Messungen strukturmechanischer Größen, wie Dehnungen. Jedoch ist der Blick ins Innere verstellt, das Warten auf eine sichtbare Rissbildung keine Option. Hier setzt das Forschungsvorhaben an.
Ziel ist es, durch permanente flächige Dehnungsmessungenan der Betonoberfläche bereits kleinste Schädigungen im Inneren des Bauteils zu detektieren (Abbildung 1), bevor ein sichtbarer Riss das Versagen ankündigt. Das System soll diskontinuierliche Dehnungsfelder, hervorgerufen durch Spanndrahtbrüche, anhand charakteristischer Dehnungsmuster unabhängig vom Schadensort und bereits bei geringer Intensität erkennen und hierbei als „verbessertes Auge der Bauwerksprüfung“ fungieren. Mit faseroptischen Sensoren im orthogonalen Messgitter werden die Dehnungsmuster des Bruches und darauffolgenden Wiederverankerung aufgenommen. Mithilfe einer optimierten Messkonfiguration hinsichtlich Frequenz, Faseranordnung und -verteilung werden kleinste Dehnungsänderungen nutzbar sowie Anforderungen an Datenerhaltung und -formate definiert.
Anhand von Experimenten im Klein- und Großmaßstab (Abbildung 2) sowie korrespondierenden stochastischen Finite-Elemente-Simulationen (Abbildung 3) werden der Bruch und die hiervon induzierte Ausbreitung der Dehnungsfelder systematisch analysiert.
Material- oder schadensseitige Unschärfen fließen im Zuge von Monte-Carlo-Simulationen ein und werden mit Sensitivitätsanalysen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das Messergebnis bewertet. Ziel ist eine automatische Aufbereitung und Abgrenzung der charakteristischen Muster von äußeren Störgrößen, mittels Verfahren der Mustererkennung und Diskriminanzanalyse. Gleichzeitig soll die Trennschärfe bewertet werden. Abschließend erfolgt eine konzeptionelle Übertragung auf das Demonstratorbauwerk, mit welcher die Umsetzbarkeit im Großmaßstab unter Berücksichtigung baupraktischer Randbedingungen und Zwänge bewertet wird.
Erfolgreicher Abschluss der Versuchsserie zur faseroptischen Detektion von Spanngliedbrüchen
An sechs vorgespannten Betonträgern (2.0 ∙ 0.3 ∙ 0.2 [m³]) wurden gezielt Spanngliedbrüche erzeugt und mit einem faseroptischen Gitter von der Betonoberfläche aus detektiert. Neben variierten Materialparametern und Spannstahltypen wurden auch externe Störgrößen gezielt eingebracht. Strukturmechanische Größen wurden in Form von Dehnungsänderungen mit einem zweidimensionalen Messgitter aus faseroptischen Sensoren erfasst. Die Ergebnisse zeigen die generelle Eignung der faseroptischen Sensorik (DFOS) und erlauben Rückschlüsse auf die für die Detektion maßgeblichen Einflussgrößen. Mittels DFOS an der Betonoberfläche konnte der innere Schaden in sämtlichen Versuchen durch äußere Messungen detektiert, lokalisiert und quantifiziert werden.

Nachrechnung der Versuchsserie mit der Finite Elemente Methode
Mittels Finite-Elemente-Methode wurden numerische Berechnungsmodelle für die Versuchskörper mit Spanngliedbrüchen erstellt. Dabei wurde durch Anpassung der Randbedingungen ein Spanngliedbruch simuliert und die erzielten Ergebnisse mit denen der Versuche verglichen. Eine Bewertung der Modellqualität anhand der Mittelwertabweichung b sowie deren Varianz Vδ zeigt eine gute Übereinstimmung zwischen Versuch und Experiment. Die erzielten Ergebnisse werden nachfolgend genutzt, um Spanngliedbrüche an Strukturen im Realmaßstab rechnerisch zu untersuchen.

Durchführung eines Großversuchs zum Spanngliedbruch bei Vorspannung im nachträglichen Verbund gemeinsam mit der Forschergruppe CODA (FOR 2825)
In einem Großversuch an einem im nachträglichen Verbund hergestellten Spannbeton-Plattenbalken (L = 7.4 m) wurde das faseroptische Messsystem im Großmaßstab erprobt. Unter mechanischer Beanspruchung (4-Punkt-Biegeversuch) wurden gezielt Litzen geschädigt, um Spanngliedbrüche zu simulieren. Begleitet wurde die DFOS-Messung von der Digitalen Bildkorrelation (engl. Digital Image Correlation, DIC) sowie der ultraschallbasierten Codawellen-Interferometrie. Die Ergebnisse liefern Erkenntnisse über den Einfluss des Spanngliedtyps und großmaßstäblicher Randbedingungen auf das Messsignal und die Detektion.

Numerische Berechnung von Spanngliedbrüchen an Realquerschnitten
Auf Grundlage der Kalibrierung der Berechnungsmodelle wurde eine Skalierung auf den realen Maßstab von Spannbetonbrücken durchgeführt. Hierzu wurde ein an den Abmessungen der Nibelungenbrücke angelehnter Hohlkastenquerschnitt verwendet. Durch Variation der geometrischen Randbedingungen, der Verbund-, der Vorspannungs- und der Materialparameter wird deren Einfluss auf das Dehnungsfeld untersucht. Mithilfe der Berechnung zugehöriger Antwortflächen werden die Limitationen der Messmethode ermittelt.


Anprechpartner
Publikationen
Peer-Reviewed Journal Paper
Paul, A.; Sanio, D.; Mark, P. (2025): Detektion innerer Spanndrahtbrüche durch faseroptische Messungen an Betonoberflächen. In: Beton und Stahlbetonbau (doi: 10.1002/best.202400100).
Konferenz und andere VÖ
Paul, A.; Sanio, D.; Mark, P. (2024): Monitoring tendon breaks in concrete structures at different depths using distributed fiber optical sensors. e-Journal of Nondestructive Testing 29(7), S. 1-10 (doi: 10.58286/29598).
Paul, A.; Sanio, D.; Mark, P. (2024): Detection of internal tendon breaks by fiber-optical measurements – influence of the re-anchoring behavior. Procedia Structural Integrity 64, S. 1287-1294 (doi: 10.1016/j.prostr.2024.09.199).
Straeter N.; Paul, A.; Clauß, F.; Ahrens, M; Mark P. (2024): Detecting non-visible tendon breaks – a new approach using coda wave interferometry. In: ReConStruct: Resilient Concrete Structures: Proceedings of the 2024 fib Symposium. Henry, R. S. & Palermo, A. (Eds.), 11.-13. November 2024, Christchurch, New Zealand, pp. 283-291.