Teilprojekt D02

Entwurfsmethodik für ein lebensdauerübergreifendes Bauwerksmonitoring bei unbekanntem Schadensprozess – Optimierte Sensornetze

Die messdatengestützte Zustandsbewertung von Strukturen, auch bekannt als Structural Health Monitoring (SHM), hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Der aktuelle Entwicklungsstand zeigt jedoch Defizite: SHM-Systeme werden überwiegend auf Basis von Expertenwissen entworfen und häufig reaktiv als Antwort auf bereits aufgetretene Schäden ausgelegt. Dies liegt darin begründet, dass bislang weder Mechanismen, Orte noch Zeitpunkte von Schäden zuverlässig und allgemeingültig prognostiziert werden können. Das Projekt „Entwurfsmethodik für ein lebensdauerübergreifendes Bauwerksmonitoring bei unbekanntem Schadensprozess“ schließt diese Forschungslücke, indem Grundlagenforschung zur Konzeptionierung von Monitoringsystemen betrieben wird. Dadurch sollen in Zukunft neuralgische Punkte von Infrastrukturbauwerken bereits vor Schadenseintritt zuverlässig überwacht werden.

In der ersten Förderphase (2022 bis 2025) wurden Methoden erforscht, um für Bauwerke ohne bekannte Vorschäden wahrscheinliche Schadenszenarien prognostizieren sowie physikalische Parameter zu deren Überwachung bestimmen zu können. In diesem Zusammenhang wurden zwei Ansätze untersucht: (1) ein clusterbezogener Ansatz, der Schäden des konkreten Untersuchungsobjektes über die systematische Auswertung ähnlicher Brückenbauwerke prognostiziert, und (2) ein objektbezogener Ansatz, der durch die Analyse des spezifischen Bauwerks neuralgische Bauwerkspunkte identifiziert. Dabei wurde erkannt, dass physikalische Größen ohne Bezug zum erfassenden Sensor und zu den daraus abgeleiteten Schadensmerkmalen keine verwertbaren Informationen über den strukturellen Zustand eines Bauwerks liefern. Zudem wurde festgestellt, dass die gesamte Entscheidungsfindungskette im SHM unvermeidbare Unsicherheiten beinhaltet, welche die Zuverlässigkeit der Schadensidentifizierung beeinflussen. Vor diesem Hintergrund wird in Förderphase 2 eine ganzheitliche, probabilistisch fundierte Betrachtung des Entwurfsprozesses verfolgt. Das Projektziel in Förderphase 2 ist die Entwicklung einer Entwurfsmethodik, welche die Unsicherheiten des Schadenidentifikationsprozesses systematisch berücksichtigt und die optimale Auslegung von Sensornetzen ermöglicht. Angesichts der wirtschaftlich geprägten Entscheidungsprozesse von Infrastrukturbetreibenden erfolgt die Optimierung unter Berücksichtigung eines integrierten Kosten-Nutzen-Ansatzes.

Im Rahmen des Projekts werden zunächst sämtliche Unsicherheiten entlang der Prozesskette der Schadensidentifizierung – von der Erfassung der Rohdaten durch das Messsystem bis hin zur Ableitung schädigungsrelevanter Merkmale – systematisch identifiziert, klassifiziert und quantifiziert. Dabei wird analysiert, welche Auswirkungen Umweltbedingungen, Messsysteme und numerische Modelle auf die Bewertung des Bauwerkszustands haben und wie diese Unsicherheiten entlang der gesamten Überwachungskette propagieren. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wird ein Framework zur Zuverlässigkeitsbewertung von Sensornetzen entwickelt. Dieses Framework erlaubt es, die Wahrscheinlichkeit und Genauigkeit der Schadensdetektion, -lokalisierung und -prognose für vorgegebene Schadensfälle und Sensornetze zu bewerten. Ergänzend werden Methoden zur Optimierung von Sensornetzen erarbeitet, wobei der Fokus auf der Maximierung des Informationsgehaltes bei gleichzeitiger Reduzierung des Investitionsrisikos liegt. Die Optimierung erfolgt in einem zweistufigen Prozess: Zunächst wird in einer Initiierungsphase auf Basis von A-Priori-Informationen ein initiales Monitoringsystem entworfen. In der anschließenden Operationsphase wird das Sensornetz auf Grundlage realer Messdaten und aktualisierter Modelle iterativ angepasst, um das geforderte Zuverlässigkeitsniveau über die gesamte Nutzungsdauer der Brücke zu erhalten.

Die entwickelten Methoden werden an der Forschungsbrücke openLAB unter realen Bedingungen getestet und validiert. Hierbei kommen verschiedene Sensorsysteme und Schadensszenarien zum Einsatz. Die Erkenntnisse aus den Experimenten werden genutzt, um die Entwurfsmethodik weiter zu verfeinern.