Teilprojekt D02

RaumLink: Räumliche Verknüpfungen heterogener Informationen im Infrastrukturbau

Die Erfassung, Prüfung und Beurteilung von bestehenden Brücken und anderen Infrastrukturbauwerken ist durch eine große Zahl methodischer Ansätze, technischer Verfahren, vereinheitlichter Regelwerke und Normen und zugrundeliegender Datenmodelle weitgehend klar strukturiert. Die Weiterentwicklung von grundlegenden Methoden und Verfahren ist in den letzten Jahren vor allem durch die:

  1. steigende Verfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit von Mess- und Erfassungstechnologien (hochauflösenden Punktwolken aus LIDAR und SfM-Verfahren, vernetzte Sensoren im SHM, digitale Fotographie etc.)
  2. sowie durch die Entwicklung von objekt-orientierten, parametrischen Bauwerksinformationsmodellen (BIM, IFC for Bridge, IFC for Infra, OKSTRA, ASB-ING) vorangeschritten.

Für die derzeit etabliertem Mess-, Dokumentations- und Prüfverfahren kommt ein breites Spektrum von Daten, Informationen und Medienformen zum Einsatz.

Diese Informationen stehen jedoch nur lose und meist implizit und bislang nicht in gemeinsamen konzeptionellen und expliziten Informations-Räumen zur Verfügung. Sie können deswegen nur eingeschränkt gemeinsam betrachtet,  analysiert und ausgewertet und mittelfristig zu vollständigen iterativen Digitalen Zwillingen zusammengeführt werden: Zeichnerische 2D Planungsunterlagen, fotografisch dokumentierte Schäden von annotierten Bildbereichen (Rissbilder, Kiesnester, Korrosion) stehen neben semi-strukturierten Punktwolkendatensätzen unterschiedlicher Provenienz, großteiligen parametrischen BIM-Modellen und hochfrequenten Datenströmen von Sensordaten zur Fernüberwachung im Zuge des Structural Health Monitoring. Die Zusammenführung dieser Teilsichten und -repräsentationen in eine analytische Gesamtsicht kann bislang nur durch erfahrene Fachplanende vorgenommen werden und bleibt zuallermeist implizit. Nur durch explizite, maschinenlesbare Verknüpfungen lassen sich Daten jedoch strukturiert erschließen und bspw. großmaßstäblich für landesweite Übersichts-Dashboards, Machine-Learning Verfahren für die Schadensklassifizierung, vergleichende Prüfverfahren multiskalare Digitale Zwillinge und ähnliche daten-intensive Anwendungsfälle zugänglich machen.

Für die explizite Verknüpfung von Informationen haben sich mit den Konzepten der Multi-Modelle (Scherer et al), Informationscontainern in gemeinsamen Datenumgebungen (Common Data Environments, DIN SPEC 91391) und Information Containern Document Delivery (ISO 21597, ICCD) eine Reihe konzeptionellen Grundlagen und technischen Standards etabliert um objekt- und attribut-scharf Informationsfragmente miteinander in Beziehung zu setzen. Das Anlegen dieser Beziehungen ist jedoch mit enormem kuratorischem Aufwand verbunden und bleibt meist auf der Ebene von oberflächlichen Dokumentenzuordnungen („Foto von Riss X gehört zu Brücke Y. Brücke Y dargestellt in Zeichnung Z“).

Der in diesem Teilprojekt verfolgte Ansatz ist die Überführung der unterschiedlichen räumlichen Beschreibungen stationärer Artefakte der gebauten Umwelt, um die unterschiedlichen Informationsarten einander zuzuordnen. Was anhand der Lagebeschreibungen im jeweiligen Format in den selben Raumbereichen liegt, gehört in unterschiedlichen Abstufungen zusammen: Es referiert dieselbe konzeptionelle Entität, ist daran relatiert oder beschreit Teilaspekte.

Grobe räumliche Zuordnungen, wie sie durch (RI-EBW-PRÜF 2017) vorgeschrieben sind („Platte, Beton, Eine Stelle, Abplatzung mit freiliegender Bewehrung, Fläche 0,05 m2, 1. Feld, Feldanfang, Siehe Skizze“) können bislang nicht automatisiert und lagegenau oder unscharf mit einer Bauteil-Gruppe, segmentierten Punkwolkenclustern, oder markierten-Bereichen eines Fotos verbunden werden. Darüber hinaus haben sich bislang keine Verfahren für eine Projektion in andere Raummodelle und Dimensionen (2D Plan → 3D Modell, CAD/BIM → GIS) etabliert. In bestehenden Systemen wie SIB-Bauwerke zur Datenhaltungen fehlen bislang explizite räumliche Verknüpfungen mit zukünftig wachsenden Anzahlen mehr-dimensionaler parametrischer Modelle, engmaschiger und hochfrequenter Sensordaten und Simulationsmodellen wie sie in anderen Teilprojekten des SPP erforscht und entwickelt werden. Die Teilinformationen unterscheiden sich dabei in räumlichen Skalierungen: Von der geographischen und topologischen Lage im Gesamtinfrastruktur-System des Schienen- und Straßennetzwerkes bis hin zu millimeter-genauen Beschreibungen von Schäden an Bauteilkomponenten. Unterschiedliche konzeptionelle Ansätze von Informations-Granularität, Semantik und Abbildungstiefe der jeweils zugrundeliegenden Modellschemata und Instanzen machen die Zusammenführung (Mapping und Alignment) trotz erfolgreicher Überwindung von syntaktischen und formatbedingten Herausforderungen der Interoperabilität, mit Linked Data und Semantic Web Ansätzen schwierig bis unmöglich (Beetz und Borrmann 2018).