Teilprojekt C03

Monitoringdatengetriebenes Lebensdauermanagement auf Basis einer adaptiven Kor-rosionsprognose für Infrastrukturbauwerke aus Stahlbeton unter kombinierten Ein-wirkungen

Alternde Infrastrukturbauwerke stellen in Deutschland und Europa ein zunehmendes Sicherheitsrisiko dar. Besonders die chloridinduzierte Bewehrungskorrosion – verursacht durch Tausalze – ist eine der häufigsten Schadensursachen an Straßenbrücken. Sobald Chloride über Poren oder Risse in den Beton eindringen und eine kritische Konzentration an der Bewehrung erreichen, kommt es zu Lochfraßkorrosion, die unbemerkt zu einer erheblichen Querschnittsreduktion führen kann.

Die frühzeitige Erkennung und Prognose solcher Korrosionsprozesse gewinnt daher zunehmend an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund wurde in der ersten Förderphase ein Ansatz zur adaptiven Lebensdauerprognose von Stahlbetonbauteilen entwickelt. Ziel war die kontinuierliche Anpassung des Prognosemodells durch die Einbindung von Monitoringdaten. Labor- und Sensordaten wurden genutzt, um Modellparameter mithilfe von Bayesscher Optimierung zu kalibrieren und so eine lokal differenzierte Lebensdauerabschätzung unter kombinierter Chlorid- und Lastbeanspruchung zu ermöglichen. [1]

Die in Abbildung 1 dargestellte Systematik verdeutlicht das Prinzip der adaptiven Lebensdauerprognose: Zu Beginn der Lebensdauer wird der materialabhängige Widerstand gegen Chloridmigration in Abhängigkeit vom Lastniveau ermittelt und mit lokal erfassten Dehnungen aus faseroptischen Sensoren (DFOS) am Bauwerk verknüpft. Daraus ergibt sich ein belastungsabhängiger Diffusionswiderstand, auf dessen Basis eine initiale örtlich aufgelöste Lebensdauerabschätzung erfolgt. Diese Prognose wird mit zunehmendem Alter des Bauwerks fortlaufend durch Drahtkorrosionssensoren aktualisiert, die das Fortschreiten der Korrosionsfront über Drahtbrüche anzeigen und so eine zeitlich und räumlich aufgelöste Modellanpassung ermöglichen.

 

Erweiterung des Forschungsansatzes

In der zweiten Förderphase wird das Konzept auf reale Bauwerke übertragen und um praxisrelevante Einwirkungen erweitert. Neben der Dauerlast sollen künftig auch zyklische Belastungen, Frost-Tausalz-Wechsel und intermittierende Feuchteexposition berücksichtigt werden. Diese Einwirkungen führen zu komplexen Schädigungsmechanismen im Beton, die den Chloridtransport wesentlich beeinflussen.

Das Forschungskonsortium unter Leitung von Lowke (Dauerhaftigkeit und Instandhaltung), Leusmann (Großversuche an Stahlbetonbauteilen) und Wessels (KI-basierte Modellierung) verfolgt dabei ein integratives Vorgehen aus Laboruntersuchungen, Sensoreinsatz und datengetriebener Modellierung. Das Projekt gliedert sich in vier Arbeitspakete, die von der Materialuntersuchung bis zur praktischen Umsetzung am Bauwerk reichen.

Publikationen

[1]Potnis, A.; Macier, M.; Leusmann, T.; Anton, D., Wessels, H.; Lowke, D. (2024): Model-based reinforcement corrosion prediction: Continuous calibration with Bayesian optimization and corrosion wire sensor data. arXiv Preprint. DOI: 10.48550/arXiv.2411.16447.

[2]H. Becks, ... und D. Lowke et al., „Neuartige Konzepte für die Zustandsüberwachung und -analyse von Brückenbauwerken – Einblicke in das Forschungsvorhaben SPP100+,“ Beton und Stahlbetonbau. Accepted. DOI: 10.37544/0005-6650-2024-10-630

[3]Ullmann, S., & Lowke, D. (2024). The effect of external load on the chloride migration resistance and the service life of reinforced concrete structures and repair mortars. Construction and Building Materials, 443.     https://doi.org/10.1016/j.conbuildmat.2024.137770

[4]Narouie, V., Wessels, H., and Römer, U.: Inferring displacement fields from sparse measurements using the statistical finite element method. Mechanical Systems and Signal Processing, 2025. https://doi.org/10.1016/j.ymssp.2023.110574

[5]Anton, D., Tröger, J.-A., Wessels, H., Römer, U., Henkes, A., Hartmann, S.: Deterministic and statistical calibration of constitutive models from full-field data with parametric physics-informed neural networks.  Advanced Modeling and Simulation in Engineering Sciences 12 (1), 2025. https://doi.org/10.48550/arXiv.2405.18311

[6] Römer, U., Hartmann, S., Tröger, J., Anton, D., Wessels, H., Flaschel, M., and De Lorenzis, L.: Reduced and All-at-Once Approaches for Model Calibration and Discovery in Computational Solid Mechanics. ASME. Appl. Mech. Rev., 2025. https://doi.org/10.1115/1.4066118

[7] Narouie, V., Wessels, H., Cirak, F., and Römer, U.: Mechanical State Estimation with a Polynomial-Chaos-Based Statistical Finite Element Method. Comput. Methods Appl. Mech. Engrg., 2025. https://doi.org/10.1016/j.ymssp.2023.110574

[8] Shivalingappa, G., Anton, D., & Wessels, H.: Parametric Neural Networks as Full-Field Surrogates for Material Model Calibration. Proceedings of the 10th European Workshop on Structural Health Monitoring (EWSHM 2024), June 10-13, 2024 in Potsdam, Germany. e-Journal of Nondestructive Testing . https://doi.org/10.58286/29583